∞Anmuthige Gegend
∞Fauſt auf blumigen Raſen gebettet, ermüdet,
unruhig, ſchlafſuchend.
∞Dämmerung.
∞Geiſter Kreis ſchwebend bewegt, anmuthige
kleine Geſtalten.
∞Ariel
∞(Geſang von Aeolsharfen begleitet)
4613Wenn der Blüten Frühlings-Regen
4614Ueber alle ſchwebend ſinkt,
4615Wenn der Felder grüner Segen
4616Allen Erdgebornen blinkt,
4617Kleiner Elfen Geiſtergröße
4618Eilet wo ſie helfen kann,
4619Ob er heilig? ob er böſe?
4620Jammert ſie der Unglücksmann.
4621Die ihr dies Haupt umſchwebt im luftgen Kreiſe,
4622Erzeigt euch hier nach edler Elfen Weiſe,
4623Beſänftiget des Herzens grimmen Strauß,
4624Entfernt des Vorwurfs glüc〈tilgt〉hend bittre Pfeile,
4625Sein Innres re〈i erg〉nigt von verlebtem Graus.
4626Vier ſind die Pauſen nächtiger Weile,
4627Nun ohne Säumen füllt ſie freundlich aus.
4628Erſt ſenkt ſein Haupt aufs kühle Polſter nieder,
4629Dann badet ihn im Thau aus Lethes Fluth,
4630Gelenk ſind bald die krampferſtarrten Glieder,
4631Wenn er geſtärkt dem Tag entgegen ruht.
4632Vollbringt der Elfen ſchönſte Pflicht
4633Gebt ihn zurück dem heiligen Licht.
∞Chor.
∞(Einzeln, zu zweyen und vielen, abwechſelnd und
geſammt)
4634Wenn ſich lau die Lüfte füllen
4635Um den grünumſchränkten Plan,
4636Süße Düfte, Nebelhüllen
4637Senkt die Dämmerung heran.
4638Lispelt leiſe ſüßen Frieden,
4639Wiegt das Herz in Kindesruh;
4640Und den Augen dieſes Müden
4641Schließt des Tages Pforte zu.
4642Nacht iſt ſchon hereingeſunken
4643Schließt ſich heilig Stern an Stern,
4644Große Lichter, kleine Funken,
4645Glitzern nah und glänzen fern.〈: ;〉
4646Glitzern hier im See ſich ſpiegelnd,
4647Glänzen droben klarer Nacht,
4648Tiefſten Ruhens Glück beſiegelnd
4649Herrſcht des Mannes〈: Mondes〉 volle Pracht.
4650Schon verloſchen ſind die Stunden,
4651Hingeſchwunden Schmerz und Glück;
4652Fühl〈’ erg〉 es vor! Du wirſt geſunden;
4653Traue neuem Tagesblick.
4654Thäler grünen, Hügel ſchwellen,
4655Buſchen ſich zu Schatten-Ruh;
4656Und in ſchwanken Silberwellen
4657Wogt die Saat der Erndte zu.
∞
(die Sonne geht auf)〈tilgt〉
∞
Fauſt erwacht.〈tilgt〉
∞(Ungeheures Getöſe verkündet das Herannahen der
Sonne)
∞Ariel.
4666Horchet! Horcht! dem Sturm der Horen〈, erg〉
4667Tönend wird für Geiſtes-Ohren
4668Schon der neue Tag geboren.
4669Felſenthore knarren raſſelnd,
4670Phöbus Räder rollen praſſelnd,
4671Welche〈tilgt〉
Getöſe bringt das Licht!
4672Es trommetet, es poſaunet,
4673Auge blinzt und Ohr erſtaunet,
4674Unerhörtes hört ſich nicht.
4675Schlüpfet zu den Blumenkronen,
4676Tiefer tiefer, ſtill zu wohnen,
4677In die Felſen unters Laub;
4678Trifft es euch ſo ſeyd ihr taub.
∞Fauſt.
4679Des Lebens Pulſe ſchlagen friſch lebendig〈, erg〉
4680Aetheriſche Dämmerung milde zu begrüßen;
4681Du Erde warſt auch dieſe Nacht beſtändig
4682Und athmeſt neu erquickt zu meinen Füßen,
4683Beginneſt ſchon mit Luſt mich zu umgeben,
4684Du regſt und rührſt ein kräftiges Beſchließen,
4685Zum höchſten Daſeyn immerfort zu ſtreben. 〈– erg〉
4686In Däm̄erſchein liegt ſchon die Welt erſchloſſen〈, erg〉
4687Der Wald ertönt von tauſendſtim̄igem Leben
4688Thal aus, Thal ein iſt Nebelſtreif ergoſſen,
4689Doch ſenkt ſich Himmelsklarheit in die Tiefen,
4690Und Zweig und Aeſte, friſch erquickt,
entſproſſen
4691Dem duft〈’ erg〉gen Abgrund wo verſenkt ſie
ſchliefen;
4692Auch Farb〈’ erg〉 an Farbe klärt ſich los vom Grunde,
4693Wo Blum〈’ erg〉 und Blatt von Zitterperle triefen,
4694Ein Paradies wird um mich her die Runde.
4695Hinaufgeſchaut! – Der Berge Gipfelrieſen
4696Verkünden ſchon die feyerlichſte Stunde,
4697Sie dürfen früh des ewige{{m}}〈: ewigen〉 Lichts genießen
4698Das ſpäter ſich zu uns hernieder wendet.
4699Jetzt zu der Alpe grüngeſenkten Wieſen
4700Wird neuer Glanz und Deutlichkeit geſpendet.〈: ,〉
4701Und ſtufenweis herab iſt es gelungen; –
4702Sie tritt hervor! – und, leider ſchon geblendet,
4703Kehr〈’ erg〉 ich mich weg, vom Augenſchmerz
durchdrungen.
4704So iſt es alſo, wenn ein ſehnend h〈: H〉offen
4705Dem höchſten Wunſch ſich traulich zugerungen,
4707Nun aber bricht aus jenen ewigen Gründen
4708Ein Flammen-Uebermaas, wir ſtehn betroffen;
4709Des Lebens Fackel wollten wir entzünden,
4710Ein Feuermeer umſchließt〈: umſchlingt〉 uns, welch ein Feuer!
4711Iſt’s Lieb? Iſt’s Haß? die glühend uns umwinden?
4712Mit Schmerz und Freuden wechſelnd ungeheuer.〈: ,〉
4713So daß wir wieder nach der Erde blicken〈, erg〉
4714Zu bergen uns in jugendlichſtem Schleyer.
4715So bleibe denn die Sonne mir im Rücken!
4716Der Waſſerſturz〈, erg〉 das Felſenriff durchbrauſend,
4717Ihn ſchau〈’ erg〉 ich an mit wachſendem Entzücken.
4718Von Sturz zu Sturzen wälzt er jetzt in tauſend
4719Dann aber tauſend Strömen ſich ergießend,
4720Hoch in die Lüfte Schaum an Schäume ſauſend.
4721Allein wie herrlich dieſem Sturm entſprießend
4722Wölbt ſich des bunten Bogens Wechſel-Dauer
4723Bald rein gezeichnet, bald in Luft zerfließend〈, erg〉
4724Umher verbreitend duftig kühle Schauer.
4725Der
ſpiegelt ab das menſchliche Beſtreben.
4726Ihm ſinne nach und du begreifſt genauer:
4727Am farbigen Abglanz haben wir das Leben.