16

532.

1811, 11. Mai.

Mit Sulpiz Boisserée am Hof

Am Samstag hatten wir unsere große Ausstellung bei Hofe ..... Goethe in seiner Hofuniform half mir redlich zu dieser ganzen Einrichtung mit eigener Hand und war höchst glücklich, daß die Sache sich so gut machte. Wir waren kaum mit unseren Anstalten fertig, als die Herzogin hereintrat; sie hatte ein Frühstück zurichten, auch viele Personen dazu einladen lassen.

17 Da kamen nach und nach die Großfürstin, mehrere Damen und einige Herren vom Hofe, worunter sich auch Wieland fand, dem ich vorgestellt wurde; dann später der Herzog mit dem Herzog von Coburg, der Erbprinz und der Prinz von Coburg, etwa 25 bis 30 Personen. Es war ein rechtes Glück, daß ich mich auf diesen Wirrwarr vorgesehen und die Zeichnungen vertheilt hatte; ich mußte unaufhörlich Red und Antwort geben, und Goethe half von seiner Seite da, wo ich nicht sein konnte, so gut, als er es vermochte; denn seine Würde machte ihn in dieser Umgebung etwas steif und vielleicht verlegen. Er nöthigte mich auch, meine neugriechischen Architekturzeichnungen und was ich sonst noch von Kupferstichen hatte, alles herauszukramen und gab den fürstlichen Personen immer kurze Winke, wie merkwürdig und wichtig das alles sei.

– – – – – – – – – – – –

[ Gräf Nr. 1127: Cornelius Zeichnungen, die den Beschluß gemacht, hatten allgemein gefallen; ich benutzte dies, um den Alten wegen einem öffentlichen Urtheil anzugehen, welches mir doch mit der Hauptzweck war, woraus Cornelius es angelegt. Ich ließ den alten Herrn das Gewicht seines Einflusses fühlen, und wie er dadurch den jungen Mann, der nach Italien gehen wolle, unterstützen könne. »Ja, warum nicht?« war die Antwort; »Zeigen Sie nun erst einmal die Blätter in Leipzig, vielleicht findet sich da ein Verleger, und ich will meinerseits auch gern etwas dafür thun.« ] Ebenso bereitwillig zeigte er sich, als ich nach Tisch von meiner eigenen Unternehmung sprach und ihm den zweideutigen Ruf in's Gedächtniß rief, worin er sich durch Unterdrückung seiner Rede über den Straßburger Münster [von 1773, die damals in Goethes Werke nicht aufgenommen war] gesetzt habe; es stehe ihm so gut an, daß er in seinem Alter für alles von Bedeutung, sei es auch seiner bisherigen Ansicht fremd, doch immer jugendlich empfänglich geblieben, und es habe ohne Unterschied aller Welt Freude gemacht, als das noch zuletzt so schön bei den Dürer'schen Randzeichnungen offenbar geworden. Das gefiel ihm; wir kamen in ein längeres Gespräch darüber, und er versprach alles. Einige Tage vorher hatte er mir schon einmal gesagt: bei den Durer'schen Zeichnungen habe er recht erfahren, daß es gut sei, wenn man alt würde, hätte er doch sonst den Dürer gar nicht eigentlich kennen gelernt.

Die Anwendung auf die Baukunst sprach er nicht aus, aber er hat mir in jedem Stück nur zu sehr gezeigt, wie es ihm auch hier wieder lieb war, daß er alt geworden, weil er sonst das altdeutsche Bauwesen nie recht kennen gelernt hätte.